How To Be Gay

Liebe Lesende,

was macht man, wenn man stressbedingt zwei Bleche Muffins gebacken, ein Viertel davon im späten Nachmittag verzehrt und dabei missachtet hat, dass eine nicht unerhebliche Menge Kaffeepulver beigemischt ist? Nun ja, halb 2 Nachts ist für gewöhnlich keine Uhrzeit welche ich zum Beenden angefangener Rezensionen nutze, aber sonst gibt es ja nichts zu tun.

In den letzten Tagen brauchte ich dringend Aufmunterung (siehe stressbedingtes Backen) und wo findet diese sich besser, als in einem guten Buch? How To Be Gay stand schon eine Weile auf meiner Liste und das nicht ausschließlich, weil ich es bereits vor Jahren angefangen und nie beendet hatte. Beim ersten Mal fiel es mir nur aus Interesse an der Community in die Hände. Nach dem Bibliotheksgang musste ich im Auto vor einem Dönerladen auf meinen Vater warten und begann noch dort direkt mit Lesen. Ich glaube Momente wie diese waren es, die meine Eltern dazu verleiteten ein paar Jahre später beiläufig beim Abendbrot nach meiner Sexualität zu fragen und wenig überrascht auf mein gestammeltes „Naja. Also…ich mag irgendwie beides…glaub ich. Joa.“ zu regieren.

Doch kommen wir zum eigentlichen Thema: Dem Buch.

How To Be Gay: Alles über Coming-Out, Sex, Gender und Liebe (Originaltitel: This Book Is Gay) stammt aus Juno Dawsons Feder. 304 Seiten, erstveröffentlicht im September 2014. Zu finden unter der ISBN: 9783733500924. Falls ihr euch bei eigenständigen Recherchen auf Goodreads fragt, wieso auf dem Cover ein anderer Name steht, aber unter der Autorin Juno Dawson zu finden ist: Veröffentlicht wurde es 2014 von Dawson noch als schwule männlich gelesene Person, doch wie sich in den letzten 8 Jahren herausstellte, ist sie anscheinend doch hetero. Genau mein Humor.

(Fußnote: Fragen, die sich mir ebenfalls stellen sind zum einen, wie deutsche Übersetzter von einem 4 Wörter umfassenden englischen Titel zu einem anderen 4 Wörter umfassenden englischen Titel kommen. Was sind da die Gedanken im Produktionsprozess? Zum anderen bin ich durch die nächtlichen Aktivitäten der Tiere vor meinem Fenster zunehmend verunsichert und philosophiere, ob Wildtauben nach Sonnenuntergang immer wie angetrunkene Gespenster klingen. Teilt eigene Beobachtungen dazu gern in den Kommentaren.)

Cover meiner (veralteten) deutschen Ausgabe

Klappentext:

OFFEN, UNBESCHWERT UND SELBSTBEWUSST

Das ultimative Aufklärungsbuch zu Sex und sexueller Identität. Wie fühlt es sich an, zum ersten Mal in ein Mädchen verliebt zu sein, wenn man selbst ein Mädchen ist? Und was passiert dann? Wie findet man andere schwule Jungs? Und warum fühlen sich manche Menschen im falschen Körper gefangen?

Mit über hundert Originalbeiträgen von lesbischen, schwulen, bi- und transsexuellen Jugendlichen, die ein unendliches Spektrum sexueller Identitäten repräsentieren. Für alle, die immer schon mehr wissen wollten über Homosexualität und Transgender – und für alle, die einfach nur neugierig sind!


How To Be Gay ist im Prinzip Lexikon, Handbuch und Aufklärungsbroschüre für alle, die Unterstützung in ihrer Selbstfindung brauchen oder mehr über Queerness lernen wollen. In verzehrgerechten Häppchen versucht Dawson, ihrer Leserschaft humorvoll und einfühlsam alle Themen des unendlich breiten Spektrums zu Sexualität und Gender näherzubringen. Was ihr auch gut gelingt.

Die vielen Unterkapitel, begleitet durch Auflockerungen in Form von Tabellen, Zitaten und Karikaturen, machen das Ganze zu einer lockeren Lektüre, die man schnell abgearbeitet hat. Trotzdem wird auf eine Vielzahl von Themen eingegangen. Dawson schreibt über die Labelsuche, stellt Klischees zur Frage, findet Argumente in religiösen und biologischen Streitpunkten, gibt Tipps zum Coming-out und der Partnersuche, klärt über sexuelle Handlungsmöglichkeiten, sowie den passenden Schutz dafür auf und versucht dabei der Leserschaft Mut zum Selbstausdruck zu verschaffen. Zu meiner persönlichen Freude finden auch ein Ikonen-Lexikon (die Filmempfehlungen – Showgirls und Paris Is Burning – sind direkt auf meine Liste gewandert), ein Ratgeber für Eltern queerer Kids, Verweise auf weiterführende Informationsquellen und ein Miniwörterbuch Platz. Mit Stolz kann ich berichten fast alle der 45 Begriffe gekannt zu haben. (Mit Ausnahme von Fellatio, Poppers und Glory Hole…was das ist müsst ihr selbst googeln.)

Natürlich kann Dawson nicht alle Blickwinkel perfekt abdecken und es liegt ein größerer Fokus auf der schwul/lesbischen Erfahrung. Deshalb ist es umso erfreulicher, dass sie, durch Umfragen und Erfahrungsberichte, auch andere queere Menschen zu Wort kommen lässt. So entsteht ein relativ diverses Bild. Mein einziger Mangel und der Grund warum ich nicht 5 Sterne vergeben habe, ist die geringe Bi/Pan Repräsentation (neben der von Ace und Enby Menschen). Ich hatte darauf gehofft mich selbst mehr im Buch wiederzufinden. Was mir beim Lesen ebenfalls etwas aufgestoßen hat ist der Gebrauch des Wortes schwul für die gesamte queere Community. Heute würde man den Umbrellaterm queer verwenden, aber in Anbetracht der Tatsache, dass das Buch schon 8 Jahre alt ist, will ich mal darüber hinweg sehen.

Alles in Allem ist es ein unterhaltsames und informatives Aufklärungswerk, dass ich definitiv an Tweens und Teens oder Eltern queerer Jugendlicher weiterempfehlen würde. Dawson, die selbst als Lehrerin Aufklärungsarbeit geleistet hat, trifft meiner Meinung nach auch beim Schreiben den richtigen Ton und deckt mit diesem Buch eine klaffende Lücke im Sexualunterricht weiterführender Schulen ab.

Wenn ihr selbst junge, verunsicherte Queers oder neugierige Jugendliche in eurem Umfeld habt, erweist ihnen einen Gefallen und steckt ihnen How To Be Gay zu.

Ansonsten halte ich es mit Dawson und ihrer Aufforderung Liebt euch und füge noch ein und trinkt Tee hinzu.

Alles Liebe,

Selma ❤  

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